Xining: Kleiner Abenteuertrip

Kurz nach 10:00 Uhr in der Früh heuerte Berits Papa in einer wilden Aktion einen jungen Burschen in einem Kleinwagen an. Nach kurzer Verständigung über das Ziel, saßen wir alle im Auto. Anschnallen war wie immer nicht erwünscht bzw. auf dem Beifahrersitz war der Anschnaller funktionsunfähig und auf der Rückbank waren sie ganz und gar ausgebaut. Unser Ziel war ein berühmtes Kloster "Youning Si" der Gelbmützen. Es war einst eine berühmte Schule für Astrologie und Medizin. Das Kloster wurde von dem 4. Dalai Lama gegründet. Während der Fahrt bemerkten wir schnell, dass das Auto nicht schneller als 70 km/h fahren konnte und das der Fahrer auch nicht wirklich wusste, wo der Weg zum Kloster sich befindet. Je weiter wir uns von Xining entfernten, desto bergiger und interessanter wurde die Strecke. Das Herbstlaub an den Bäumen erinnerte uns an Deutschland. Wir durchfuhren auf dem Weg zum Kloster eine sogenannte Geisterstadt „Hu Zhu“. Überall leere Hochhäuser, Auto- und Menschenleere Straßenzüge. Vierspurige Straßen auf denen wir alleine waren. Aufregend war auch die Fahrt durch einen eigentlich gesperrten Tunnel. Im Slalom sind wir an Baumaterialien und Baumaschinen im stockdunklen Tunnel vorbeigefahren. Allmählich kamen wir in ländlichere Gebiete, die im kompletten Kontrast zu den Großstätten standen. Alles war sehr einfach und ärmlich. Das Kloster bzw. die Tempelanlage befand sich dann an einem steilen Berghang. Wir folgten den geheimnisvollen Trommelschlägen aus einer Haupthalle des Klosters. Dort waren die Mönche zu einer Andacht und späteren gemeinsamen Essen versammelt.  Trotz der Kälte wurde uns in der Halle aufgrund der beruhigenden Trommelklänge, der wunderschönen Wandbemalungen und der weihevollen Stimmung, warm ums Herz. Später erklärte uns ein Mönch wahrscheinlich etwas über den Gründer der Klosteranlage. Leider verstanden wir seine tibetische Sprache nicht, was er wiederum nicht verstand. Er wurde immer wilder und sein Gesichtsausdruck immer ernster. Wir waren natürlich auch etwas traurig, dass wir ihn nicht verstanden. Er hatte uns kurz zuvor extra zu einer versteckten Stelle geführt, wo etwas für die Tibeter sehr Bedeutendes ist. Vielleicht ist dort der Gründer des Klosters der 4. Dalai Lama beerdigt. Anschließend liefen wir einen schmalen Pfad entlang der Felswand zu einem weit oben gelegenen kleinen Tempel (ca. 2800m hoch). Wir merkten schnell, dass wir lange nicht so fit wie der selbsternannte Taxifahrer waren. Wir pusteten, keuchten und unser Herz schlug bis zum Hals. Waren das die erste Symptome der Höhenkrankheit? Oben im Tempel hat jeder für sich und seine Angehörigen eine Kerze angezündet. Danach ging es uns gleich besser. Anschließend wollten wir ein noch höher gelegenes Kloster besuchen. Leider ging auf halber Strecke dem Auto die Puste aus. Wahrscheinlich Sauerstoffmangel. Dem Auto ging es also genauso wie uns. Es war auch durch Anschieben unsererseits nicht dazu zu bewegen, noch höher zu fahren (muss auf ca. 3000m gewesen sein). Aus diesem Grunde sind wir, genauso wie man es bei der Höhenkrankheit machen sollte, wieder umgekehrt. Dem Taxifahrer verließen auch allmählich die Kräfte. Erst hatte er kein Geld mehr das Tanken zu bezahlen, dann mussten wir noch sein Smartphone mit unserer Powerbank aufladen, da er den Rückweg nicht mehr fand. Als kleine Entschädigung lud er uns zu sich nach Hause ein. Dort lernten wir seinen Vater kennen und tranken jeder mindestens 5 Gläser Tee. Mit einem großen silbernen Wasserkessel wurde uns immer wieder heißes Wasser nachgegossen. Der Tee schmeckte aber auch ausgezeichnet. Wir hatten noch nie eine solche Teemischung bestehend aus Tee- und Blütenblättern, Knollen und uns unbekannten getrockneten Früchten getrunken. Angeblich war es ein reiner Kräutertee. Ob das wahr ist, werden wir nach der heutigen Nacht wissen. Unterhalten haben wir uns natürlich mit Hilfe des Übersetzungsprogramms und dabei noch einige neue Wörter chinesisch lernen können. Als der Vater unseres Fahrers unsere Smartphones sah (iPhone 4S und Samsung S4) hat er sich köstlich darüber amüsiert. Er holte gleich eine ganze Tüte voller alter Handys hervor und wollte uns wohl sagen, dass unsere Smartphones etwas veraltet sind. Jaja, die Chinesen trage alle ein halbes Tablet mit sich rum. Kommt wahrscheinlich auch noch in Deutschland. Jedenfalls wurde wir rundum versorgt und die Familie zauberte aus den letzten Ecken chinesische Spezialitäten hervor. Wir tauschten am ende eine Packung Studentenfutter sowie 4 Müsliriegel gegen mehrere Beutel Teemischungen ein. Es wurde immer später, sodass wir erst gegen 18:00 Uhr mit unserem Fahrer essen gegangen sind. Er hat uns in ein kleines aber gut besuchtes muslimisches Lokal eingeladen. Es gab eine Suppe mit reichlich Teigtaschen und Nudeln. Später lernten wir noch seinen Bruder kennen und gingen gemeinsam nochmal zu der gestern besuchten Moschee. Dass sich dieser Tag so entwickeln würden, hätten wir bei der Abfahrt nicht gedacht. Wir freuen uns auf das nächste Abenteuer. 

Geisterstadt Hu Zhu
Geisterstadt Hu Zhu
Geisterstadt Hu Zhu
Geisterstadt Hu Zhu
Moschee bei Nacht
Moschee bei Nacht

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