Phnom Penh: Foltergefängnis und "Killing fields"

Phnom Penh
Toul Sleng Genocide Museum / Foltergefängnis in Phnom Penh

Heute erfahrt ihr mehr zu einem der dunkelsten Kapitel in Kambodschas Geschichte. Die Herrschaft der Roten Khmer von 1975 - 1979 unter der Führung von Pol Pot. Pol Pot studierte in den späten 40er Jahren in Frankreich Radioelektronik. Er verehrte die kommunistische Gesellschaftsordnung und den in China regierenden Mao Zedong. Nach der Rückkehr in seine Heimat Kambodscha, träumte Pol Pot von der Errichtung einer kommunistischen Agrargesellschaft und setzte seine Vorstellungen mit rücksichtsloser Härte durch.

Seine Schreckensherrschaft dauerte 4 Jahre, 8 Monate und 20 Tage. Seine Armee bestand aus ungebildeten jungen Frauen und Männern -besser gesagt Teenagern- aus der ehemaligen Bauernklasse, denen die moderne Welt fremd war. Ihnen wurde eine glorreiche Zukunft versprochen: ein Arbeitsplatz, Essen und Sicherheit. So marschierte die neugegründete Rote Khmer Armee am 17. April 1975 in Phnom Penh ein. Zu diesem Zeitpunkt war das Land schon durch den Vietnamkrieg geschwächt und ausgebeutet. 80% der Bevölkerung lebte in bitterer Armut. Die Bevölkerung dachte zu Beginn, dass es jetzt endlich den erhofften Umschwung geben wird und bejubelten die einmarschierenden "Soldaten" der Roten Khmer in Phnom Penh.  

 

Nach 3 Stunden folgte jedoch eine böse Überraschung: die Rote Khmer Armee forderte die Menschen unter Waffengewalt auf, ihre Häuser und die Stadt zu verlassen. Phnom Penh wurde innerhalb von 24 Stunden nahezu komplett entvölkert. Die Menschen wurden auf das Land getrieben. Nach Pol Pots Vorstellung sollte die Reisproduktion im Land verdreifacht werden, was ein unerreichbares Ziel gewesen ist. Die vertriebene Stadtbevölkerung musste auf dem Land vom Morgengrauen bis spät abends auf den Feldern arbeiten. Bis zu 15 Stunden täglich. Die Menschen aus der Stadt hatten jedoch keine Kenntnisse vom Reisanbau und erhielten auch keine Ausbildung. Per Gesetz wurde Religion, Geld und Privatbesitz verboten. Viele Menschen besaßen nichts weiter als die Kleidung, die sie trugen und eine Reisschüssel. Tausende Menschen starben an Hunger, Krankheiten und Erschöpfung. Sie arbeiteten sich sprichwörtlich zu Tode. Intellektuelle, Beamte, buddhistische Mönche und Nonnen, Brillenträger, Menschen mit zu weichen Händen oder einfach Personen, die Lesen oder Schreiben konnten, galten als verdächtig und wurden in eines der 300 Gefängnisse (einstige Tempel oder Schulen) in Kambodscha gebracht. Dort lebten sie unter menschenunwürdigen Bedingungen und wurden systematisch mehrmals täglich grausam gefoltert bis sie ein Geständnis ablegten und unterschrieben, dass sie oder ein Familienmitglied sich z.B. kritisch gegenüber der neuen Regierung/Revolution äußerten und/oder Verbindungen zum amerikanischen Geheimdienst hatten.

Heute kann eine ehemalige Schule  beziehungsweise das Foltergefängnis "Toul-Sleng" in Phnom Penh besichtigt werden. Bis zu 20 000 Menschen wurden dort festgehalten und gefoltert. An dem Tag der Befreiung durch die Vietnamesen fand man nur sieben Überlebende. Zwei von ihnen leben noch heute und sind fast täglich auf dem Gelände des ehemaligen Gefängnisses anzutreffen. Auch heute noch ein Ort des Grauens. Das Bild verspricht zwar Idylle pur, doch hinter der Fassade lauern Einzel- und Massenzellen, Folterinstrumente, Blutspritzer an den Wänden, Bilder mit zu Tode gefolterten Personen... Auf weitere Ausführungen möchten wir an dieser Stelle lieber verzichten. Ein Audioguide führte  uns  in Stille durch die einzelnen Gebäude. Heute ist das Gelände ein friedlicher Ort des Andenkens und der Mahnung. 

ausgehobene Massengräber
ausgehobene Massengräber

Haben die Menschen das Tor zur Hölle überlebt, wurden sie anschließend aus den Gefängnissen zu den "Killing fields" zur systematischen Tötung gebracht. Ihnen wurde zuvor noch gesagt, sie würden jetzt in neue Häuser einziehen. Doch in Wahrheit ging diese letzte Fahrt mit Augenfesseln zu den "Killing Fields". Gefesselt, verängstigt und völlig ausgehungert kamen sie dort an. Einer nach dem anderen wurde an eines der Massengräber geführt. Dort wurde ihnen dann mit der Rinde von der Zuckerpalme die Kehle durchgeschnitten, damit sie nicht mehr schreien können und anschließend der Kopf zerschlagen. Das über die Gräber verstreute Gift DDT tötete die dann noch lebenden Menschen endgültig und überdeckte auch den Verwesungsgeruch. Kambodschaner töteten Kambodschaner. Niemand ahnte, was sich in dem Land damals abspielte, da die Grenzen vermint waren und heute noch immer sind. Während der Herrschaft der Roten starben fast 3 Millionen Kambodschaner, fast 1/4 der Gesamtbevölkerung. 

2007 wurden die letzten vier Mitglieder der Roten Khmer vor das kambodschanische Gericht mit  internationaler Beteiligung gestellt. Im Jahre 2014 hat das Gericht, den ehemaligen Staatschef und Außenminister der Roten Khmer zu einer lebenslänglichen Haftstrafe verurteilt. Ein Berufungsverfahren im Jahr 2016 der beiden Überlebenden war nicht erfolgreich. 

Pol Pot verstarb 1998 in Nordkambodscha -vermutlich an einer Überdosis an Medikamenten. 

Loung Ung ist eine ehemalige kambodschanische Kindersoldatin. Sie lebt heute in Amerika und arbeitet als Schriftstellerin sowie als Friedensaktivistin. In ihrer Autobiografie "First they killed my father" (deutsch: Der weite Weg der Hoffnung) schildert sie  ihre Kindheitserinnerungen: 

 

- "Reden heißt, meine Familie in große Gefahr zu bringen. Mit fünf Jahren beginne ich zu verstehen, wie es ist, alleine zu sein, still und einsam mit der Erwartung, dass mich jeder verletzen könnte." Aus dem umhegten Kind Lounge Ung wird ein elternloser Flüchtling, der im kambodschanischen Dschungel verzweifelt ums Überleben kämpft. Unsagbares Leid bricht über sie herein. Loung muss sich in einem Waisenlager zum Kindersoldaten ausbilden lassen, ihre Brüder und Schwestern kämpfen in Arbeitslagern verzweifelt um ihr Leben. Allein die Hoffnung, ihre Familie am Ende der Schreckensherrschaft wiederzusehen, spendet Loung Ung Trost."- 

 

Letztes Jahr wurde das Buch unter der Regie von Angelina Jolie in Kambodscha verfilmt. Angelina Jolie adoptierte 2002 einen kambodschanischen Jungen "Maddox" und kam während der Dreharbeiten zu Lara Croft: Tomb Raider im zu großen Teilen verminten Kambodscha zum ersten Mal persönlich mit den humanitären Problemen in Kontakt.  Angelina Jolie wurde in Anerkennung ihres späteren humanitären Einsatzes zusätzlich die kambodschanische Staatsbürgerschaft verliehen.



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