Naypyidaw: Geisterstadt und Hauptstadt Naypyidaw

Um 10:00 Uhr stand heute der Minivan vor unserem Hotel. Wir waren ein bisschen überrascht, da wir eigentlich mit einem Bus von Bagan nach Naypyidaw fahren wollten. Aber viel Zeit zum überlegen hatten wir nicht. Zwei fast zahnlose Gestalten hielten schon das Gepäck in ihren Händen und schnallten unseren Rucksack auf das Dach des Minivans. Uns wurden zwei Plätze in der hintersten Reihe zugewiesen. Da man dort direkt auf den Hinterrädern des Autos sitzt, ist das nicht gerade einer der besten Plätze. Auch kann man dort seine Beine kaum ausstrecken, hat die Lautsprechen direkt neben seinen Ohren und muss auf einer harten unbequemen Sitzband sitzen. Deswegen setzte sich Berit um und entdeckte gleich wieder eine Mücke im Minivan. Also schnell noch etwas Antimückenspay auf die Arme und Beine sprühen und schon konnte die rasante Fahrt losgehen. Der Fahrer hatte scheinbar große Freude daran, über die Hügel auf der Straße zu rasen, um so das Auto fliegen lassen zu können. Tamas schnallte sich lieber gleich an, da ihm die Fahrweise des Fahrers etwas suspekt vorkam. Nach der zweiten Vollbremsung schnallte sich dann auch Berit an, woraufhin ihre Sitznachbarn etwas verdutzt guckten. Ach... auch die Mücke hatte Spaß während der Fahrt. Schon nach kurzer Zeit hatte Berit (wer sonst...) einen Stich am Bein. Natürlich hat die Mücke nicht die Füße der Myanmesen ausgewählt, die allesamt in Badelatschen steckten. Nein, lieber schön durch Berits Hose das Blut herausaugen. :D

Nach ungefähr der Hälfte der Strecke, dachten wir eigentlich, dass wir die weitere Strecke auf einer Art Autobahn bis nach Naypyidaw fahren werden. Doch leider haben wir uns das falsch gedacht. Der Minivan fuhr neben der Autobahn auf einer kleinen Landstraße durch alle Städte und Dörfer Richtung Süden und ließ immer wieder Leute ein- und aussteigen. Uff. So wurde aus der gedachten 4 Stunden Fahrt, eine über 6-stündige Fahrt. Doch wir nutzen die Zeit, um die Landschaft zu genießen und das einfache Leben der Menschen zu beobachten. Tatsächlich leben die Menschen auf dem Land sehr ärmlich und einfach. Oftmals wohnen sie in einfachsten Bambushütten ohne fließend Wasser und Strom. Die Schulkinder tragen alle die langen Wickelröcke, eine Bluse, T-Shirt oder Hemd und eine aus bunten Stoff genähte Umhängetasche. An den Füßen dürfen die Badelatschen natürlich nicht fehlen. Egal ob Jung oder Alt. 

Als wir Naypyidaw erreichten, dachten wir, dass wir eine fremde Welt betreten. Jedenfalls war es eine Welt, die wir nicht hier erwartet hätten. Nichts gleicht dem Land Myanmar, das wir bisher kennlernen durften. Breite Straße, Bürgersteige, riesige Kreisverkehre, kein Staub oder Müll weit und breit. Die Straßen, Gehwege und Grünflächen sehen allesamt wie geleckt aus. Wenig Verkehr. Der Minivan schmiss uns an einem Markplatz an der Endhaltestelle heraus. Eine Frau im Bus erzählte uns vorher, dass wir in Naypyidaw nur mit dem Taxi in das Hotelviertel/Zone 1 kommen. Bushaltestellen gebe es zwar in der ganzen Stadt aber (noch) keine öffentlichen Verkehrsmittel. Willkommen in der Geisterstadt Naypyidaw. :-) 

Nach Geisterstadt sah es auf dem Marktplatz eigentlich gar nicht aus. Viele Menschen tummelten sich hier zwischen Taxen, Bussen und Essensständen. Doch das waren dann auch die einzigen "vielen" Menschen, die wir heute sehen sollten. 

Naypyidaw ließ der damalige Machthaber der Militärdiktatur still und heimlich in der geografischen Mitte Myanmars mitten im Dschungel erbauen. Im Jahre 2005 ernannte er diese zur neuen Hauptstadt. Die Mitarbeiter des Parlaments mussten innerhalb von 2 Monaten ihre bisherige Heimat verlassen und nach Naypyidaw ziehen. Taten sie dies nicht, mussten sie mit einer Gefängnisstrafe rechnen. Naypyidaw ist 9x größer als Berlin und es leben jetzt gerade mal 500 000 Menschen hier. Da die Stadt von Soldaten geplant wurde, ist sie in verschiedene Zonen eingeteilt. Es gibt z.B. die Hotelzonen 1-3, die Wohnzonen, das Regierungsviertel, Militärzone, Einkaufs- und Freizeitzonen. Wir müssten aber jetzt in die Hotelzone 1. Den Taxifahrer ist natürlich bewusst, dass sie die Monopolstellung in der Stadt haben. So mussten wir hier kräftig handeln, bis wir jemanden fanden, die uns zu dem dort "normalen" Preis zum Hotel fuhr. Die Frau im Bus sagte uns, wir sollen nicht als 3-5€ für ein Taxi ausgeben. Nun gut. Letztendlich haben wir 5€ bezahlt und bekamen dafür 2 klapprige Motorradtaxen. Dafür waren die Fahrer sehr freundlich. Tamas hatte während der Fahrt ein bisschen Angst, dass Berits Taxifahrer einfach mit ihr abhaut und sie kidnappt. Aber was war das für eine Fahrt? Auf den riesigen Straßen hatten wir oftmals die Straße ganz für uns alleine. Was hatten die Taxifahrer für einen Spaß über die freien Straßen zu düsen. :) Wir fuhren an riesigen Hotelanlagen vorbei. Eine nach der anderen. Eine größer als die andere. Jede davon sah aus, als würde es keinen bzw. maximal einen Gast geben. Zwischen den Anlagen lagen große Parks oder einfach Dschungel. Zu Fuß würden wir hier also schon einmal nirgendwo hinkommen. Die Männer fuhren uns natürlich bis vor den Eingang des Hotels "Emerald Palace". Dort wurden wir natürlich standesgemäß, wie es sich für einen "Palace" gehört empfangen und mit kühlen Saft und erfrischenden Handtüchern versorgt. Es sah so aus, als hätten die Angestellten den ganzen Tag tatsächlich nur auf uns gewartet. Wir fühlten uns wie im falschen Film. Oder eher wir Statisten in einem Film. Oder waren wir die Hauptdarsteller und die Angestellten die Statisten? Mit einem elektronischen Golfcaddy ging es über das Hotelgelände zu unserem Zimmer. Ja, selbst hier sind die Wege zu weit zum Laufen. Am Abend gingen wir im hoteleigenen Restaurant essen. Uns blieb ja schließlich nichts anderes übrig. Dort wurden wir von 4 Kellner versorgt. Natürlich waren wir die einzigen Gäste.  In der Küche muss auch noch jemand gearbeitet haben, jedenfalls hat das Essen ausgezeichnet geschmeckt. Angeblich ist der Koch aus Italien. Mit vollem Magen, vollkommen zufrieden -abgesehen von Berits Erkältung- und  vollkommen erschöpft, haben wir eine gute Nacht in dem Geisterhotel in der Geisterstadt. 

Zum Nachlesen gibt es hier oder hier einen interessanten Artikel über die Stadt Naypyidaw. 

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