Rangun: Liebesbrief

Danke Myanmar für die außergewöhnliche Zeit bei dir. Du hast es geschafft meine Reiselust wieder zu wecken. Wegen Ländern wie dir bin ich letztes Jahr unter nicht einfachen Umständen aufgebrochen. Eigentlich wollte ich dich auch gar nicht besuchen. Von der aufregenden Zeit in China, Tibet und Nepal war ich ziemlich müde. Was wusste ich denn auch von dir? Eigentlich so gut wie gar nichts. Ich wusste, wo ich dich auf der Landkarte finden kann. Ich wusste, dass du früher einmal Burma hießt. Ich wusste, dass es in deinem Land Malaria gibt. Dass Armut in deinem Land vorherrschend ist und das es natürlich wie in allen Ländern bestimmt außerordentlich gefährlich sein muss. Doch das war auch schon fast alles. Ich gebe zu, es ist ziemlich wenig. Zu wenig, um sich auf eine Reise in dein Land freuen zu können. Ich habe mich auch nicht gefreut. Tamas musste mich mehr oder weniger dazu überreden, um zu dir aufzubrechen. Er hat mir Bilder von dir gezeigt. Doch mein Kopf war noch voller wunderschöner Eindrücke aus den anderen fernen Ländern. Was solltest du mir denn noch Neues zeigen können, was ich nicht schon in ähnlicher Form woanders erlebt und gesehen hätte. Nein, ich hatte auch Angst schon wieder in ein Land voller Armut ohne medizinische Grundversorgung zu reisen. Angst vor dem Unbekannten und der Fremde. Doch es musste weiter gehen. Das thailändische Visum war schließlich ausgelaufen. Es hätte für mich auch überall anders hingehen können. Das Gefühl der Gleichgültigkeit wäre geblieben. Also stieg ich ohne jegliche Erwartungen in das Flugzeug Richtung Myanmar ein. Und dann geschah das, womit ich in dem Moment am wenigsten gerechnet hätte. Deine Menschen haben mich mit so viel Herzlichkeit und Liebe empfangen, dass alle Sorgen und Ängste sofort vergessen waren. Von dem ersten Moment an, hast du mich einfach nur umgehauen. Männer in langen Wickelröcken und blutroten Zähnen. Frauen mit der gelblich-weißen Thanaka Baumrindenpaste im Gesicht. Natürlichkeit. Ursprünglichkeit. Und doch Sonderbar. Deine Menschen sind Fremden gegenüber überaus aufgeschlossen, freundlich und vor allem hilfsbereit. Ohne Erwartungen. Das ehrlichste Lachen haben wir hier gefunden. Die hübschesten Männer und Frauen wohnen in deinem Land. 

Ich habe viel gelernt über deine Kultur und Geschichte. Nie hätte ich gedacht, dass ich mich so intensiv mit der Geschichte eines Landes auseinander setzen werde. Und noch immer habe ich nur annähernd eine Ahnung, von dem was dein Land und die Menschen alles erlebt und durchgemacht haben müssen. Unterdrückung, Verfolgung, Krieg, Hunger. Jetzt ist alles im Umbruch. Neue Zeiten. Wandel. Doch es gibt noch viel zu tun. Noch immer gibt es Regionen in deinem Land, aus denen Menschen fliehen müssen. Morde, Vergewaltigungen, Hunger. Die ehemalige Militärdiktatur hat immer noch ihre Finger im Spiel. Beschäftigt man sich mit der Verfolgung der ethnischen Minderheit der Rohingya kann einem nur schlecht werden. Der Kloß im Hals wird auch nicht kleiner, wenn man die Armut der Menschen im Land und dann die scheinbar in Geld schwimmende Geisterstadt Naypyidaw sieht. Schande auf dein Haupt. Auch über das scheinbar unlösbare Müllproblem auf dem Land müssen wir jetzt nicht weiter sprechen. Aber vielleicht kannst du diesen überaus nervigen Krimskramsverkäuferinnen sagen, dass ihre aufdringliche Art nicht wirklich verkaufsfördernd ist. 

Entschuldigen muss ich mich wohl für meine anfängliche skeptische Zurückhaltung bezüglich deines Essens. Aber nachdem ich im letzten Monat gleich 2x mit einer Magen-Darm Infektion krank im Bett lag, wollte ich das Risiko wieder krank zu werden, so gering wie möglich halten. Doch keine Sorge. Ich habe natürlich nicht nur italienische Pizza und Pasta gegessen. Dein Essen habe ich auch probiert. Wenn auch erst zum Ende der Reise. Dafür hat es mir vorzüglich geschmeckt. Deine Sonnenuntergänge haben mich übrigens verzaubert. Dabei hatte ich für Sonnenuntergänge eigentlich noch nie etwas übrig gehabt. Glutrot erstrahlt die Sonne jeden Abend am Himmel und vergoldet die Landschaft. Zentimeter für Zentimeter kann man zugucken, wie der Feuerball langsam hinter dem Horizont verschwindet und alles Gesagte und Getane des Tages unwichtig erscheinen lässt. Magisch und mystisch zugleich. Genauso wie du es bist. Ich werde dich nicht so schnell vergessen. Du goldenes Land. Ich wünsche dir alles Gute und würde mich freuen, dich bald wieder zu sehen. Dann möchte ich unbedingt noch den Inle See besuchen und in den Süden des Landes reisen und deine teilweise noch unentdeckten weißen Traumstände besuchen.

:-)  

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Kommentare: 1
  • #1

    Eisenacht (Donnerstag, 09 Februar 2017 03:36)

    Ich bin immer gespannt auf eure interessanten Berichte. Aber das ist der schönste.