Bandipur: Erdbeben

Am Morgen weckte uns eine Nachricht von Alix auf. Sie befindet sich in Kathmandu und wurde gegen 5:05 Uhr Ortszeit aus dem Schlaf gerissen. Über eine Minute habe plötzlich alles gewackelt. Ob wir etwas gespürt haben, fragt sie. Nein, wir haben tief und fest geschlafen. Wir fragen Bernd, der sich ebenfalls seit gestern wieder in Kathmandu befindet, ob er etwas gespürt habe. Ja, auch er wurde in seinem Bett von dem Erdbeben aufgeweckt. Halb verschlafen Googeln wir im Internet und tatsächlich: heute morgen gab es in des Nähe des Mount Everest bei Namche Bazar ein Erdbeben der Stärke 5,6. Es ist eines der vielen Nachbeben vom letzten großen Erdbeben im April 2015. Die Wissenschaftler sind sich einig, dass noch einige große Erdbeben folgen werden, da sich die Spannung letztes Jahr zwischen der Eurasischen und der Indischen Kontinentalplatte nur im geringen Maße verringert hat. Wir erkundigen uns später im Dorf bei den Einwohnern, ob sie das Erdbeben gespürt haben. Ja, dass halbe Dorf hatte sich anscheinend heute morgen vor ihren Häusern versammelt. Die Menschen sind aus Angst vor einem größeren Beben nach draußen gerannt. Nur wir scheinen das Erdbeben verschlafen zu haben. Warum haben wir nichts gemerkt? Sind die Menschen hier einfach sensibilisierter? Oder lag es daran, dass wir viel zu spät ins Bett gegangen sind und uns mitten im Tiefschlaf befanden? Die Bewohner des Dorfes meinten, dass wir es eventuell gar nicht spüren konnten, da wir im Erdgeschoss schliefen. Es ist ein komisches Gefühl. Wir dachten, es wäre gerade gut im Erdgeschoß zu schlafen, damit man im Falle des Falles schneller ins Freie kommt. Aber wahrscheinlich gibt es bei einem größeren Erdbeben kein richtig und falsch. Wir hoffen weiterhin einen guten Schutzengel zu haben. 

Gegenüber von unserem Gästehaus befindet sich mitten auf Dorfplatz ein sehr altes Gebäude, indem sich angeblich eine der ältesten Bibliotheken Nepals befindet. Bitte stellt euch jetzt kein riesiges Gebäude mit hunderten Regalen voll mit alten Büchern vor. Eine kleine, wacklige Stahltreppe führte in die oberste Etage des alten Gebäudes. Wir fanden eine kleine Sammlung verstaubter nepalesischer, englischer und sogar deutscher Bücher. Eine historische Sammlung sowie ein Ordnungssystem konnten wir nicht wirklich erkennen.  Wir entdeckten deutsche Bücher über Agrarwissenschaften, Bodenbearbeitung und Pflugbau, deutsche Städteentwicklung, Die Regeln der deutschen Rechtschreibung von 1980, Pädagogik: Dritte Welt, Tatsachen über Deutschland. Wir fragen uns, wie diese Bücher wohl den Weg nach Bandipur gefunden haben.

Am Abend treffen wir uns mit Bipin, einen Nepalesen in unserem Alter. Er lebt alleine in einem der vielen Naturhäusern Bandipurs. Es ist nur aus Lehm, Stein und Holz erbaut. Wir kochen auf dem Fußboden seiner Küche Bratkartoffeln und ein vegetarisches nepalesisches Curry mit Sojakugeln. Diese sehen aus wie kleine Fleischbällchen und schmecken viel intensiver als der normale Tofu. Lecker. Endlich mal wieder selber den Kochlöffel schwingen. Wie sehr haben wir dies in den letzten Wochen vermisst. Glücklich und mit vollem Magen können wir uns von diesem Tag verabschieden. 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0