Lukla: Traumflug zu einem der gefährlichsten Flughäfen der Welt

Um 5:00 Uhr wurden wir von unserem Guide Camel in einem schrottreifen Suzuki Alto (4 Sitzer bei 5 Personen) abgeholt. Zum Glück fuhr es gerade noch und zwar direkt zum nächsten Bankautomaten, der natürlich nicht funktionierte. Direkt am Flughafen (Inlandsflughafen) noch so ein Glücksspielautomat. Aber auch hier gab es kein Geld für uns. Wir hatten einfach kein Glück. So werden wir unsere Trekkingtour nur mit einem kleinen Taschengeld starten. Aber das Sparen sind wir ja gewohnt. Auf dem Flughafen ein scheinbar geordnetes Durcheinander. Es folgen Sicherheitskontrollen, die eigentlich keine sind. Alle rennen wild durcheinander. Keiner scheint zu wissen, wann, wie und vor allem wo es weiter geht. Dank unseres Guides Camel sitzen wir nach kürzester Zeit in einem kleinen Bus und fahren querfeldein über das Rollfeld. Die Flugzeuge werden im Laufe der Fahrt immer kleiner, bis der Bus natürlich vor dem kleinsten Propellerflugzeug stehen bleibt. Innerhalb kürzester Zeit sitzen alle 14 Passagiere im Flugzeug. Mit diesem Flugzeug sollen wir jetzt die nächsten 45 Minuten zu einem der gefährlichsten Flughäfen der Welt fliegen? Uns wird ein bisschen flau im Magen. Platz zum Bewegen gibt es kaum. Alles ist sehr eng und kompakt. Eine Tür zum Cockpit gibt es ebenfalls nicht. Dafür aber tatsächlich eine Stewardess. Da anscheinend niemand die erste Reihe besetzen wollte, steuerten wir diese sofort an. Was gibt es Schöneres, als direkt hinter den Piloten zu sitzen?! Der Blick ins Cockpit ließ das Herz von Berits Papa sofort höher schlagen. Alles sehr altertümlich und ursprünglich. Sogar einen richtigen Steuerknüppel gibt es. Schließlich stammt das Flugzeug noch aus alten Zeiten. Es ist eine kanadische "Twin Otter". Mit einem solchen Flugzeug sind extrem kurze Landungen, sowie Starts möglich. Beim Anblick des Cockpits hätte der Ein-  oder Andere sofort das Vertrauen in das Flugzeug verloren und wäre wahrscheinlich rückwärts ausgestiegen. Doch mit alten Flugzeugen verhält es sich genauso wie mit den alten Handys. Ein Nokia 3310 läuft ja heute auch noch immer ohne Abstriche. Ein neumodisches Smartphone hingegen, verliert nach kürzester Zeit seine ursprüngliche Akkulaufzeit und wenn man es einmal runterfallen lässt, gibt es gleich ganz seinen Geist auf. Außerdem haben wir schließlich ein großes Ziel vor Augen. Okay, eigentlich war es vor allem Berits Papas größer Wunsch: einmal den Mount Everest aus nächster Nähe betrachten. Was Berits Papa bis dahin noch nicht wusste, dass der Himalaja seinen größten Schatz nicht ohne größere persönliche Opfer preisgibt. Nicht umsonst lassen viele Menschen jedes Jahr seit der Erstbesteigung des höchsten Berges der Welt im Jahre 1953 durch Edmund Hillary (neuseeländischer Bergsteiger) und seinem Träger, dem Sherpa Tenzing Norgay, ihr Leben am Mount Everest. Da bekommt der Name "ever rest" für uns eine ganz neue Bedeutung. Doch deswegen heißt der 8848m hohe Berg nicht Mount Everest. Er wurde nämlich schon 1856 nach dem britischen Vermesser Sir George Everest benannt. Der Flug über den Himalaja war einzigartig. Wir überflogen tiefe Bergschluchten, hohe Bergkämme, sahen schneebedeckte Berge in der Morgensonne glänzen, Nebelschwaden bedeckten die Bergtäler. Eine unbeschreiblich schöne Bergkulisse. Das Flugzeug schien wie ein Fisch im Wasser durch den Himmelsozean zu schweben. Heißt das Flugzeug aus diesem Grund TwinOtter?! Noch nie hatten wir Schöneres aus dieser Perspektive gesehen. Wir wurden von dem Himalajagebirge regelrecht verzaubert. Genauso einzigartig wie die Landschaft und der Flug, war auch die Landung auf der 527m kurzen Landebahn auf dem Tenzing-Hillary Airport in dem Dorf Lukla. Der Flughafen wurde 1964 unter Aufsicht von Edmund Hillary für 2650 US-Dollar erbaut. Erst 37 Jahre später, im Jahre 2001, wurde die Schotterpiste asphaltiert und ein Abfertigungsgebäude sowie ein Tower erbaut. 2008 nach Hillarys Tod wurde der Flughafen nach ihm und Tenzing Norgay "Tenzing-Hillary Airport" benannt. Kurz vor der Landung flog das Flugzeug direkt auf eine Bergwand zu, an der sich das kleine Dorf Lukla und mitten in ihr ein Betonstreifen, die Landebahn des Flughafens befand. Am Ende bzw. Anfang der Landebahn eine tiefe Bergschlucht. Die Kunst der Piloten bestand jetzt darin, genau am Anfang der Landebahn mit dem Flugzeug aufzusetzen, um dann mit vollständiger Bremsleistung bei 12 % Steigung am Ende der Landebahn genau vor einer Felswand mit dem Flugzeug zum Stehen zu kommen.  Auf den Millimeter genau schafften es die Piloten. Wir waren sprachlos. Da waren wir.

Nach einer kleinen Stärkung in Lukla startete unsere Trekkingtour auf 2846m in Richtung Mount Everest. Unser erstes Ziel sollte jedoch erstmal das Dorf Phakding sein. Vier Stunden lang dauerte unsere erste Wanderung. Auch hier zeigte sich das Himalajagebirge von seiner schönsten Seite. Wobei wir mehr auf den Weg achten mussten, als das wir die Landschaft genießen konnten. Zu 90% bestand dieser nämlich aus vielen großen und kleinen Steinen und man musste sehr konzentriert von einem Stein auf den anderen balancieren. Ganz zu schweigen von den unzähligen großen und kleinen Steinstufen, die uns den Weg beim bergauf und bergab Laufen "versüßten". Wenn sich auf der anderen Seite des Weges eine tiefe Schlucht auftat, verschmälerte sich der Weg dann noch auf einen halben Meter. Schon nach einer Stunde machten sich unsere Muskeln im Ober- und Unterschenkel bemerkbar. Berits Papa hoffte noch auf einen besseren, einfachen Sandweg. Doch dieser Wunsch sollte auch die nächsten 3 Stunden, besser gesagt NIE in Erfüllung gehen. Stattdessen wurden wir von entgegenkommenden Maultieren und Yakow Herden (Mischung aus Yak und Kuh) abgelenkt. Besonders gefährlich erschienen uns die Yakows, die oftmals mit finsterer Miene und 2 großen spitzen Hörnern, welche nach vorne gerichtet waren, in Herden auf uns zukamen. Wir versuchten dann immer so schnell wie möglich, ihnen den Weg frei zu geben. Berit hatte anfangs noch ziemlich Angst, von den Hörnern der Yakows aufgespießt zu werden. Oftmals klebten wir uns deshalb eng an die Felswände, um von ihnen bzw. ihrer Last auf dem Rücken nicht zerquetscht, mitgerissen oder gar den Abgrund herunter geschubst zu werden. Die Yakows räumen nämlich mit ihrem Gewicht alles aus dem Weg, was sie am Weitergehen hindern würde. Sie hören übrigens nur auf ihren Herdentreiber, der sie mit seinen Pfeiftönen, Brüll- und Peitschgeräuschen und leider auch Schlägen 100% unter Kontrolle hat. Wirklich glücklich schauten aber weder die Yakows noch die Maultiere aus. Liegt wahrscheinlich an den mühsamen Wegen und der Lasten, die sie auf dem Rücken tragen müssen. Glücklicher scheinen vor allem die Hunde hier zu sein, denen wir unterwegs immer wieder begegnen. Sie schauen viel entspannter als die Hunde in Deutschland. Man trifft sie überall. Oftmals liegen sie am Wegesrand oder auf einer Mauer und lassen sich die Sonne auf ihr Fell scheinen. Man begegnet sich auf Augenhöhe. Nicht wie in Deutschland, dass der Hund der König der Straße ist. Könige auf diesen Wegen sind für uns eindeutig die Träger bzw. auch Sherpas genannt. Was sie mit ihrem zierlichen kleinen Körper auf ihrem Rücken tragen ist unvorstellbar. Sie tragen Lasten bis zu über 100 kg. Berit ist regelrecht entsetzt. Genauso wie Berit und Tamas in Xining/China von den Einheimischen angestarrt wurden, muss Berit jetzt stehen bleiben und sich umdrehen. Die Jungs bzw. auch teilweise älteren Männer sind kleiner als Berit und tragen diese riesigen Körbe auf dem Rücken, welche dann noch pyramidenförmig nach oben beladen sind. Von hinten sieht man dann nur die Last und zwei dünne Beine. Wenn man sich die Waden der Sherpas anschaut, kann man jeden einzelnen Muskelstrang erkennen. Tamas wusste gar nicht, dass die Wade aus zwei Muskelsträngen besteht und vergleich seine Wade gleich mit denen der Sherpas. Nein, mit solchen Wadenmuskeln können wir nicht mithalten. Auch könnten wir nicht 3 Meter auf diesen Wegen solche Lasten tragen. Manche Sherpas tragen "nur" das Gepäck einiger Touristen. Doch wenn ihr denkt, dass es sich dann nur um einen 20 Kilo schweren Rucksack handelt habt ihr euch getäuscht. Nein, die Sherpas schnüren gleich 3 Rucksäcke zusammen und binden sich diese dann auf den Rücken. Da fragt man sich wirklich, was manche Leute alles so auf eine Bergtour mitnehmen. Dann gibt es noch die Sherpas, die Lebensmittel geladen haben. Alles das, was die Einheimischen und vor allem auch die Touristen, auf ihrem Weg zum Mount Everest brauchen. Angefangen von Toilettenpapier, Taschentüchern, ButterCrackern, Tomatenketchup, Reissäcke bis hin zum Everest Bier. Unsere Unterkunft nannte sich "Green Village Hotel", wobei es kaum etwas mit einem Hotel zu tun hatte, außer das es einen gemütlichen Gemeinschaftsraum mit Ofen hatte. Im obersten Stock befanden sich die einzelnen Zimmer. Sie erschienen uns wie kleine Pappkisten, in denen auschließlich jeweils 2 Betten standen. Kein Schrank, kein Haken, kein Tisch, keine Steckdose. Nichts. Die Wände bestanden aus dünnen Pappplatten und die Bettwäsche war zerrissen und von zweifelhafter Sauberkeit. Damit wir in der Nacht nicht erfroren, organisierte unser Guide noch jeweils eine Decke. Für die Gemeinschaft gab es eine gemeinschaftliche Hocktoilette, sowie ein kleines Bad mit Waschbecken und Eisdusche. Alles schien sehr provisorisch gebaut und von einem Laien notdürftig installiert worden zu sein. Aus dem Wasserhahn kam eiskaltes Wasser. Vermutlich wurde es direkt aus dem vorbeifließenden Gebirgsfluss abgeleitet. Noch nie haben wir solch kaltes Wasser gespürt. Sofort verlor sich die Lust, sich länger als notwenig diesem Wasser auszusetzen. Was wir bis jetzt noch nicht wussten, dass das erst die Einstimmung auf kommende Tage sein wird. :)

Berit denkt auch schon ans Zurückgehen. Sie quält ein schlechtes Gewissen, da die armen Sherpas alles was wir auf dieser Tour essen und trinken werden, mühsam nach oben und unten tragen müssen. Am liebsten würde sie jedem Touristen mindestens eine große Gasflasche auf den Rücken binden (Sherpas tragen 3 und Maultiere 4) und die Träger für 10€ leer zum letzten Dorf vor dem BaseCamp laufen lassen. Aber auch wir werden diesen Wahnsinn nicht beenden können. 

Abflug Kathmandu
Abflug Kathmandu
ohne Worte...
ohne Worte...
mit Gepäck für 7 Tage (sogar mit Reisefön)
mit Gepäck für 7 Tage (sogar mit Reisefön)
Yakows machen kurze Pause
Yakows machen kurze Pause
Träger
Träger
Dorf Phagding
Dorf Phagding
Dorf Phakding
Dorf Phakding
1x Handy aufladen ca. 2€- zum Glück hatten wir unsere Powerbank mit
1x Handy aufladen ca. 2€- zum Glück hatten wir unsere Powerbank mit

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